Die Fahndung nach dem Urheber des verheerenden E-Mail-Virus „I LOVE YOU“ steht möglicherweise vor dem Ende. Der Virus könnte von ihm stammen, ließ der ehemalige Informatik-Student Onel de Guzman am Donnerstag vor Journalisten in Manila über seinen Anwalt Rolando Quimbo sagen. Der 23-Jährige berief sich auf ein „Versehen“. Über seinen Anwalt ließ er mitteilen, er habe den E-Mail-Bandwurm möglicherweise unbeabsichtigt beim Internet-Surfen aktiviert. Quimbo sagte, sein Mandant habe sich schriftlich an die ermittelnde Bundespolizei NBI gewandt und seine Kooperation angeboten. Unterdessen tauchte ein neuer deutschsprachiger PC-Virus namens „South Park“ auf. Der Softwarekonzern Microsoft versprach Nachbesserungen an seinen in die Kritik geratenen Programmen derOffice-Serie, meldete die Nachrichtenagentur AFP.
De Guzman und seine in dem Viren-Fall ebenfalls gesuchte Schwester traten mit dunklen Brillen vor die Presse und bedeckten ihre Gesichter mit Taschentüchern. Der in Jeans und ein gestreiftes T-Shirt gekleidete, schmächtige 23-Jährige wirkte nervös und antwortete auf Fragen nur durch seinen Anwalt. Er räumte ein, zur studentischen Untergrund-Gruppe Grammarsoft zu zählen, die Programmierarbeiten für kleinere Firmen ausführt und angeblich auch Abschlussarbeiten für Informatikstudenten fertigt. Die Gruppe trete für freien Zugang zum Internet ein. Sie wolle keinen Schaden anrichten, sondern nur Wissen mit anderen teilen. Sein Anwalt betonte, de Guzman habe keine Absicht gehabt, die Passwörter anderer Nutzer zu stehlen. Er könne nicht genau unterscheiden, „was illegal ist und was moralisch“. De Guzman hatte an einer renommierten Informatikschule, dem AMA Computer College in Manila, eine Abschlussarbeit über das Knacken von PC-Passwörtern per E-Mail eingereicht und war damit abgelehnt worden. Professoren des AMA Computer Colleges berichteten, Onel de Guzmans abgelehnte Abschlussarbeit und die eines weiteren Studenten namens Michael Buen, der automatische Vervielfältigungsprogramme untersucht hatte, könnten in Kombination die Grundlage für den „I LOVE YOU“-Virus gebildet haben.
De Guzmans Schwester und deren Freund Reonel Ramones waren von der Polizei vorübergehend festgesetzt worden. Er selbst wird als Verdächtiger gesucht, nachdem sein Name zusammen mit neun anderen auf einer in Ramones‘ Haus sichergestellten verschlüsselten Diskette gefunden wurde. Sein Anwalt sagte, bei einer Festnahme werde er voraussichtlich sein Schweigerecht nutzen. Die neue Virus „South Park“ tauchte am Mittwoch im elektronischen Postsystem von Microsoft auf und droht E-Mail-Server lahmzulegen. Er versteckt sich im Dateianhang zu einer Mail mit der deutschsprachigen Überschrift „Servus Alter!“, gefolgt von den Worten „Hier ist das Spiel, dass du unbedingt wolltest“, wie die US-Sicherheitsfirmen Computer Associates International und F-Secure Corporation mitteilten. Die Firmen waren unterschiedlicher Ansicht darüber, wie gefährlich das Programm namens „South Park.exe“ ist. Mit „I LOVE YOU“ hat es offenbar nichts zu tun. Wer den neuen Virus in Microsofts E-Mail-Programms Outlook öffnet, sendet ihn automatisch weiter an alle Empfänger in seinem elektronischen Adressbuch. Microsoft kündigte ein so genanntes Service Release für sein Programmpaket Office 2000 an, das erhöhten Schütz vor gefährlichen E-Mail-Anlagen bieten werde. Die deutsche Version der Software werde ab Juni auf der Microsoft-Homepage unter https://www.microsoft.com/de-de/download/ im Internet zum Herunterladen zur Verfügung stehen.
Programme im E-Mail-Anhängen könnten nach der Installation des zwischen 26 und 40 Megabyte großen Updates nicht mehr direkt ausgeführt werden; sie müssten auf der Festplatte zwischengespeichert werden und könnten dort zunächst geprüft werden. Unterdessen hat sich der Liebesbrief-Virus in zahlreichen Varianten weiter verbreitet, die Rede ist von bis zu 60 Versionen. Die abgewandelten Programme hinterlassen dabei zum Teil weit größeren Schaden als die Ausgangsversion, da nach Angaben des Computer-Magazin Ct nicht nur Bild- und Musikdateien befallen werden, sondern auch ausführbare Dateien mit der Endung .com oder .bat. Die weitere Verbreitung gelingt offenbar besonders deshalb, weil einzelne als E-Mail verbreitete Varianten als Absender die Adresse von Herstellern bekannter Anti-Viren-Programme ausweisen.