Die beiden bosnischen Teilstaaten – die Republika Srpska und die bosnisch-kroatische Föderation – ringen derzeit um die Einführung einer zentralstaatlichen Mehrwertsteuer sowie um ein einheitliches Zollsystem. Der Hohe Repräsentant Paddy Ashdown hat im Februar dazu einen siebenköpfigen Ausschuss eingerichtet, der bis Juli ein Mehrwertsteuergesetz ausarbeiten soll. Die Reform soll 2004, spätestens aber am 1. Jänner 2005 umgesetzt sein. Der springende Punkt dabei ist, ob es gelingt, dass der Gesamtstaat die Einhebung durchführt. In Bosnien wird aus jeder wirtschaftlichen Entscheidung sofort eine politische“, erzählt ein Regierungsberater der „Presse“.
Von nationalistischen Kräften wird eine Stärkung des Gesamtstaates weiterhin abgelehnt, zudem befürchten die Regionen, bei der Neuverteilung des Steuerkuchens übervorteilt zu werden, heißt es weiter. Derzeit erheben die beiden Teilstaaten jeweils für sich eine simple Verkaufssteuer. Diese wird aber schlecht exekutiert. Laut einer Schätzung der EU im aktuellen Fortschrittsbericht liegt die Steuerhinterziehung in ganz Bosnien bei 255 Mill. Euro. Ein Betrag in ähnlicher Größenordnung entgeht den Behörden durch Zollbetrug – der zweite große Brocken, der von teilstaatlicher auf gesamtstaatliche Ebene gehoben werden soll.
Neben einer Konsolidierung der Staatsfinanzen erhofft man sich aus der neuen Mehrwertsteuer und einem besseren Zollsystem eine wirksamere Bekämpfung von Schwarzgeld und Geldwäsche – und zwar dadurch, dass alle Geldflüsse lückenlos registriert werden. Dem EU-Bericht zufolge werden jährlich rund 1,5 Mrd. Euro mit Hilfe „willfähriger Bankangestellter“ und über Scheinfirmen, bei deren Registrierung sich „einige Gerichte wissentlich mitschuldig gemacht“ hätten, gewaschen. Die Gesetze seien zudem lückenhaft: Während Geldwäsche in der Republika Srpska eine Straftat ist, ist sie in der Föderation nur eine Ordnungswidrigkeit. Bosnien ist zwar dem Übereinkommen des Europarates zur Verhinderung der Geldwäsche beigetreten, die EU beklagt aber, dass viele Empfehlungen noch nicht umgesetzt seien. Freilich: Solange große Transaktionen in bar durchgeführt werden, bleiben auch die besten Vorschriften zahnlos.